Anja von Kampen – Knietzsche und der Tod
Videopodcastfolge 35 • Laufzeit: ca. 2:23:00
Kinder und Tod – für viele ein Widerspruch. Und doch zeigt Knietzsche, der „kleinste Philosoph der Welt“, wie es gehen kann: ehrlich, humorvoll und ohne Angst vor großen Gefühlen. Mit Anja von Kampen sprechen wir über das, worüber viele schweigen: Wie Kinder Tod, Angst und Abschied wirklich verstehen – wenn wir ehrlich mit ihnen reden.
Warum Kinder über Trauer sprechen sollten
Kinder verstehen die Logik des Todes oft schneller als Erwachsene. Was ihnen fehlt, sind Worte – nicht Wahrheiten. Wenn Erwachsene aus „Liebe“ Informationen zurückhalten, entsteht ein Vakuum. Das füllen Fantasie und Schuldgefühle. Ehrlichkeit – kindgerecht dosiert – schafft Orientierung: „Der Körper funktioniert nicht mehr. Das passiert allen Lebewesen.“ Danach kommt das Wichtigste: Zuhören.
"Kinder wollen reden – unsere Aufgabe ist es, Räume zu öffnen".— Anja von Kampen
Bilder, die tragen – nicht verharmlosen
Knietzsche arbeitet mit Bildern, die Komplexes greifbar machen: die Achterbahn des Lebens (jedes Ticket ist unterschiedlich lang), der Angst-Tiger (Angst als hilfreiches Signal, das man „dressieren“ kann), und Rituale, die Struktur geben – vom Kerzenlicht bis zu Seifenblasen bei einer Lebensfeier. Solche Metaphern erklären nicht „alles“, aber sie öffnen Türen, damit Gefühle vorkommen dürfen.
Sprache, die hält
- Klar statt kryptisch: „gestorben“ statt „eingeschlafen“ (Schlafangst vermeiden).
- Konkrete Antworten auf konkrete Kinderfragen – auch wenn sie „krass“ klingen.
- Ambivalenz zulassen: Weinen und Lachen dürfen nebeneinander stehen.
Es geht nicht um perfekte Formulierungen. Es geht um Haltung: da sein, aushalten, nichts kleinreden – und nichts größer machen, als es ist.
Knietzschefizierung: Verantwortung auf Stadtebene
Trauerbildung ist kein Zwischendurch-Thema. Die Knietzschefizierung zeigt, wie es ganzheitlich geht: vormittags Gespräche in Schulen und Materialien für Bibliotheken; abends eine Veranstaltung für Erwachsene – Eltern, Lehrkräfte, Seelsorge, Bestattende. Mit politischer Schirmherrschaft wird daraus mehr als ein Termin: eine Haltung der Stadt. Wissen wird zugänglich – niedrigschwellig und kostenfrei.
Mini-Leitfaden für Eltern & Pädagog:innen
Dos
- Früh & ehrlich sprechen – kurz, konkret, wiederholbar.
- Fragen ernst nehmen, auch wenn sie ungewohnt sind.
- Rituale anbieten: Kerze, Erinnerungsbox, Seifenblasen.
- Tempo des Kindes respektieren – ohne Druck.
Don’ts
- Beschönigen („eingeschlafen“, „auf Reisen“).
- Tabuisieren oder ausweichen.
- Gespräche abwürgen, weil es „zu traurig“ wird.
- Gefühle bewerten („sei stark“, „nicht weinen“).
Spirituell, nicht dogmatisch
Glaube darf trösten – ohne Druck. Kinder brauchen keine fertigen Antworten, sie brauchen die Freiheit, eigene Bilder zu finden. Herzensbildung heißt: Perspektiven anbieten, nicht verordnen.
Erinnerung ist aktives Tun. Wer Kindern Worte schenkt, baut Resilienz. Wer Rituale anbietet, gibt Halt. Und wer zuhört, macht aus Klassen Gemeinschaften. Genau darum geht es.
Macht euch eure eigenen Gedanken. – dieser Satz von Anja bleibt. Bei Kindern. Und bei uns Erwachsenen.
